Gesundheits­versorgung

Multimorbidität am Scheideweg: Investition in Menschen?

Quo vadis


Unsere Kompetenz: Die Versorgungspraxis.


Patientenzentrierte Versorgungsformen sind in allen Sektoren und über alle Sektoren der Gesundheitsversorgung
hinweg notwendig und möglich.

Neues aus der Versorgungspraxis

VITA steht für Vogtländische Initiative zur Unterstützung der Therapietreue und Adhärenz von Patienten mit chronischen Gesundheitsproblemen – eine Initiative im Rahmen des Gesamtvorhabens „Impulsregion Vogtland 2020“.

Erfolgreich erprobt wurde ein – in Diagnostik wie in Behandlung – völlig neuartiger Versorgungspfad. Er richtet sich an Patienten mit lebensstil-assoziierten chronischen Gesundheitsproblemen im erwerbsfähigen Alter. Der stark wachsenden Zahl von Patienten, die mit Dauermedikamenten oder Operationen fehl- oder überversorgt werden, bietet VITA einen generischen Lösungsansatz: Sie werden systematisch dazu befähigt, an ihrer Behandlung dauerhaft proaktiv mitzuwirken.

Die Patienten werden besonders im Hinblick auf ihre Selbstbefähigung zum besseren Umgang mit ihren körperlichen und psychosozialen Gesundheitsressourcen und -potenzialen betreut.

VITA nutzt die bestehende Partizipations- und Veränderungsbereitschaft des chronisch Kranken und stellt auf die Adhärenz, Selbstbestimmtheit und Freiwilligkeit des Patienten ab. Basistherapie gelingt.

Der standardisierte Versorgungspfad wird in die Praxis implementiert.

 

 

A. In der Primärprävention: Betriebliche Gesundheit

Problem: Unternehmen sind sich bewusst, dass die Gesundheit ihrer Mitarbeiter die wesentliche Ressource für Produktivität und Betriebsfähigkeit ist.

Lösungsbeispiel: Die Gesundheitskompetenz arbeitsfähiger Programmteilnehmer lässt sich so initialisieren und ausbauen, dass in einem definierten überschaubaren Zeitraum (z. B. 6 Monate) eine maßgebliche Verbesserung ihres Biofunktionalen Status/ alternsbezogene Leistungsfähigkeit (Vitalisierungsrate in Jahresäquivalenten) nachweisbar ist.

Ergebnis: Nach einem definierten, auf das Programm abgestellten Zeitraum (z. B. 1 Jahr) haben sich die Kosten für den Arbeitgeber durch die Reduktion der AU-Tage der zugewiesenen Arbeitnehmer amortisiert.

B. In der Sekundärprävention: Medizinische De-Eskalation

Problem: Nicht wenige chronisch Kranke äußern den Wunsch, stärker ihren persönlichen Beitrag zur Gesundung im Rahmen der Basistherapie zu leisten. Dauermedikationen und medizinische Vielgeschäftigkeit werden von ihnen besonders kritisch hinterfragt.

Lösungsbeispiel: Unter Ägide des Hausarztes werden Patienten mit lebensstil-assoziierten Gesundheitsproblemen, die das Therapieziel einer medikamentösen oder operativen De-Eskalation verfolgen, in die Bewältigung ihrer Gesundheitsprobleme umfassend und systematisch eingebunden. Sie werden zu einer alltagswirksamen Basistherapie befähigt.

Ergebnis: In den neuen Versorgungspfad sind fachliche Qualitätskriterien zum Nachweis der Wirksamkeit und des tatsächlichen Patientennutzens eingebaut. Daneben sichern Verlaufskontrollen (Messung von Vitalisierungsraten) die Verstetigung und Nachhaltigkeit des Versorgungsprogramms. Gesundheitsökonomische Bewertungskriterien – wie bspw. Arzneimittelverbrauch und AU-Tage – werden von den Leistungsträgern überprüft.

C. In der Tertiärprävention: Der multimorbide Patient

Problem: Akutversorgung und Rehabilitation sind im Versorgungssystem vorwiegend indikationsspezifisch ausgerichtet. Was tun mit der wachsenden Zahl an Multimorbiden?

42-jährige Patientin, Typ-2-Diabetes mit stark labilem HbA1c, massives Übergewicht, Hypertonus, chronische Rückenschmerzen. Als Verkäuferin tätig, einseitig belastet durch Sitzen an der Kasse, unregelmäßige Arbeitszeiten, familiärer emotionaler Stress.
61-jähriger Patient, Übergewicht, multiple Gelenkbeschwerden und diffuse chronische Schmerzen, intermittierende Depressionen, Hypertonie mit KHK. Als Bauleiter tätig, oft beruflich emotional stark belastet.
83-jähriger Rentner, alleinlebend, selbstversorgend, geringe soziale Einbindung. Körperlich relativ mobil trotz Polyarthrose. Adhärent. Altersdiabetes, Hypertonie, KHK, Hypercholesterinämie, Hyperurikämie, chronische Pankreatitis. Polymedikation (12 verschiedene Dauermedikamente, 19 Einzeldosen von 7 bis 23 Uhr, Berücksichtigung von 13 verschiedenen nicht-medikamentösen Verhaltens- und Therapieempfehlungen, die sich teilweise widersprechen). Stationäre Einweisung wegen intermittierender Verwirrtheitszustände und Verdacht auf Hirnleistungsschwäche bei zerebrovaskulärer Insuffizienz (DD Ausschluss medikamentöse Nebenwirkungen/ Interaktionen/ Überdosierung bzw. Akkumulation).

Lösungsbeispiele: Die drei entscheidenden Garanten

  1. in der Diagnostik nutzen wir generische Entscheidungskriterien und Assessments, um den proaktiven (Be-)Handlungsbedarf und wichtige Kontextfaktoren zu identifizieren,
  2. im Behandlungsprozess favorisieren wir diagnose-ungebundene Interventionen, die die identifizierten Stärken und Gesundheitsressourcen des Patienten mobilisieren;
  3. im Kopf und im Herzen des multimorbid Kranken bzw. seiner Angehörigen erzeugen wir Health Literacy: Lebenslang fähig sein, geheime und gemeine Bedienungsfehler am Organismus abzustellen und wirksam seine Vitalität im Alltag zu verbessern.

Ergebnis: Multimorbide Patienten in jedem Alter profitieren davon.

Neues aus der Wissenschaft

Am 11. November 2016 verleiht die Deutsche Menopause Gesellschaft e.V. in Frankfurt/ Main den 1. Preis im Rahmen der Session „Neues aus der Wissenschaft“ 2016 an Frau Prof. Dr. med. Petra Stute, für ihren Vortrag „Measuring Active and Healthy Aging (AHA): Characteristics of the Bern Cohort Study BeCS-2014“.

Neues aus der Wissenschaft

Im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Menopause Gesellschaft am 18./19.11.2017 in Frankfurt, die mit über 2000 Mitgliedern die weltweit größte Menopause-Gesellschaft ist, wurden zwei Doktorandinnen von Prof. Petra Stute, Gynäkologische Endokrinologie der Frauenklinik Inselspital Bern und Beirätin für Wissenschaft der eVAA e.V., mit je einem Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Die für unsere wissenschaftliche Fachgesellschaft einschlägige Arbeit hat den Titel “Towards the ICF implementation in menopause health care: A systematic review of the ICF application in Switzerland.” Martina Zangger1, Dagmar Poethig, Florian Meissner, Michael von Wolff, Petra Stute.